Bist du Dienstleister, oder kämpfst du noch?
Dienstleister - was ist das eigentlich? Es gibt Tage, da stellt sich mir die Frage, ob wir als Firma, die die Bezeichnung "WebServices" im Titel trägt, tatsächlich als solche verstanden werden. Denn oft werden unsere Einkommensquellen völlig verkannt.
Ein Thema, mit dem viele Agenturen zu kämpfen haben - und definitiv nicht sollten. Lasst uns also mal etwas Frust ablassen (danach geben wir auch gleich wieder Ruhe ;-) ).
Handwerker sollte Agentur sein.
In unseren Breitengraden ist es üblich, dass Handwerker ihren Kunden mit völligem Selbstverständnis einen Lokalaugenschein, jegliche Fahrtspesen, Planung und natürlich die Umsetzung in Rechnung stellen.
Die Kalkulation eines Handwerkerbetriebes geht selbst davon aus, dass jeder Mitarbeiter fast ständig in seiner Arbeitszeit verrechenbar ist. Firmen wie Privatkunden nehmen die anfallenden Kosten in der Regel als gegeben hin. Und selbst die Qualifikation eines Handwerkers wird vorab nicht infrage gestellt - seine Leistungen sind akzeptiert.
Klar schimpft der eine oder andere über einen Handwerker und beklagt sich über die hohen Kosten - schlussendlich weiß aber jeder, dass die verursachten Aufwände und Materialien bezahlt werden müssen. Und das werden sie in der Regel auch ohne weitere Diskussion. Eine Wunschvorstellung für jede Agentur.
Das Gespenst Web-Service.
Im IT-Umfeld - besonders aber im Web-Bereich - scheint keine klare Meinung darüber vorzuherrschen, inwieweit Leistungen von Agenturen bezahlt werden müssen. Daher stellt sich mir oft die Frage: Worin unterscheiden sich die genannten Berufsgruppen im Dienstleistungssektor so stark?
Meine Erklärungsansätze:
- Wir als Online Agentur beackern ein Geschäftsfeld, das für viele Menschen viel zu abstrakt ist.
- Handwerker sind eine über Generationen gewachsene Berufsgruppe - das Wissen über deren Leistungen (inkl. Kosten) werden uns quasi in die Wiege gelegt.
- IT-Lösungen sind eine nicht fassbare Ware, die nur sehr abstrakt ausgeliefert wird.
Die vorherrschende Meinung über Web-Dienstleistungen? "Internet bedienen und Websites bauen, das kann doch jeder machen!" Und das ist sehr Schade.
Agentur-Lohn, oder: der Kampf gegen Goliath.
Immer wieder stoßen wir auf pauschale Aussagen, wie "Das kann doch nicht so viel Arbeit sein." und "Mit ein paar Clicks habt ihr die Sache sicher im Griff.". Daneben kämpft man zusätzlich mit der Tatsache, dass Reden nichts kosten darf. Auch wenn man oft 3 bis 5 Termine bei einem potenziellen Kunden benötigt, um diesen so weit zu führen, dass er wirklich weiß, was er will. Daneben formulieren wir sehr häufig seine technischen Anforderungen sowie Design- und Interaktionsgrundlagen. Ein Aufwand, der enorm viel Zeit benötigen kann. Und dennoch ist das Bewusstsein sehr niedrig, dass diese Arbeit entlohnt werden muss.
Da entstehen bei mir immer wieder Selbstzweifel und es stellt sich unmittelbar die Frage: Wieso werden wir nicht als Dienstleister verstanden und warum verliert unsere Arbeit an Wertigkeit - und verkommt mitunter zur Wertlosigkeit?
Es werde Licht im Web-Service-Dunkel.
Wir sind Profis mit tiefem Wissen in einer Materie, die leider materiell nicht fassbar ist.
Weblösungen herzustellen ist kein Hobby, sondern ein seriöses Business. Darüber hinaus ist Programmieren äußerst kreativ, verlangt höchste Konzentration und schafft in jedem Projekt 'Neues'. Das heißt nicht, das Projektmeetings und Konzepte mit irrwitzigen 'Consulting-Stundensätzen' verrechnet werden müssen - doch sind sie auch nicht wertlos!
Projektmanagement ist ein integraler Bestandteil eines jeden Projekts und verursacht stolze 20-25% der gesamten Kosten. Darüber hinaus werden Lösungen nicht einfach programmiert, es heißt auch zyklische intensive Tests, Versionenverwaltung, Testumgebungen, Produktivschaltung uvm. Diese Zwischenschritte - von der Testversion zum fertigen Produkt - bekommt der Kunde im Normalfall nicht mit.
Web-Dienstleister haben außerdem keinen Multiplikator wie Produkthersteller, mit denen Sie einmalige Verluste durch den Verkauf 1000er Exemplare wettmachen können.
Aber bitte mit Abschlag!
Angebote mit Design- und Technik-Vorschlägen zu erstellen ist aufwendig und erfordert hohe Kompetenz. Ein Pitch verursacht damit häufig einen Aufwand von 200 Stunden und mehr - und wird nicht honoriert! Eine mögliche Lösung? Abschlagszahlungen, wie es z.B. in Architekturwettbewerben der Fall ist. Das wäre ein gerechter Ausgleich, der auch den Respekt gegenüber der Agentur und ihrer Arbeit zeigt.
To be continued?
Wie anfangs gesagt, der Dampf muss ab und zu mal raus, jetzt ist aber auch wieder Schluss. Wir lieben ja unsere Arbeit und unterm Strich dürfen wir uns nicht beklagen. Es geht uns gut.
Wir sprechen aber sicherlich für die gesamte Branche, wenn wir darum bitten, dass unsere Dienste und Leistungen auch als solche wahrgenommen werden. Denn, wer seinen Dienstleister wertschätzt, wird oft mehr bekommen, als tatsächlich verrechnet wird. Versprochen ;-)
Bildquelle: http://www.inc.com/magazine/20100901/how-to-deliver-great-customer-service.html