Von einem, der auszog, die Cloud zu erobern.
Lange Zeit habe ich die Entwicklungen um Googles cloudbasiertes Betriebssystem Chrome OS mit Spannung verfolgt. Waren die ersten Versionen nicht viel mehr als ein eingefärbter Google Chrome Browser, kann die aktuellste Version mit einem eigenständigen Look-and-Feel des Betriebssystems aufwarten und ist um einiges erwachsener (und umfangreicher) geworden.
Von der Neugierde getrieben, habe ich mir vor einem Monat ein gebrauchtes Chromebook von eBay ersteigert um mir selbst ein Bild zu machen. Dank eines eingebauten 3G Moduls ist das Chromebook praktisch immer mit dem Internet verbunden, auch wenn mal kein WLAN in der Nähe ist. Der absolute Härtetest war dann eine Zugfahrt nach Linz, bei der ich mir mit dem Chromebook die Zeit vertreiben wollte.
Davor vielleicht kurz ein paar Informationen zur Funktionsweise von Googles Betriebssystem aus der Wolke:
- ein Google Konto wird für die Anmeldung benötigt (bsp. Gmail Konto)
- alle Einstellungen, Dokumente und Files werden in der Cloud (Server von Google) zentral gespeichert
- Hardware und Software werden zusammen entwickelt, es gibt spezielle Notebooks die auf den Betrieb mit Chrome OS ausgelegt sind, sogenannte Chromebooks
- alle Applikationen sind webbasiert (sogenannte Web-Apps) und laufen im Prinzip in einem Chromebrowser, es gibt aber viele Apps die keine ständige Internetverbindung benötigen und sich schon fast wie native Apps anfühlen (Stichwort: Chrome packaged apps)
- als Basis des Betriebssystem wird ein abgespeckter Linux Kernel mit einem Chromebrowser Aufsatz verwendet
- durch das schlanke Betriebsystem sind sehr kurze Boot Zeiten möglich (6-8 Sekunden in ausgeschaltetem Zustand)
- native Programme für Apple OSX, Linux oder Microsoft Windows können nicht installiert werden
Look & Feel
Mit den letzten beiden großen Updates von Chrome OS hat sich das Look-and-Feel, wie bereits erwähnt, stark hin zu einem echten Betriebsystem gewandelt. Apps können nun in Ordnern oder der Taskbar organisiert bzw. angeheftet werden und dem Benutzer wird ein klassischer Desktop Hintergrund und ein rudimentärer Windowmanager geboten.
Bildbearbeitung in der Cloud
Als Individualist wie er im Buche steht, wollte ich natürlich als erstes den Bildschirmhintergrund austauschen, also dank WLAN im Railjet der ÖBB habe ich mir als erstes einen tollen Hintergrund geklaut ähh heruntergeladen (Danke deviantART). Da mich ein Schriftzug im Bild gestört hat, war die erste Herausforderung Bildbearbeitung mit Web-Apps, an Photoshop war ja nicht zu denken. Mit „Pixlr Editor“ habe ich dann eine Web-App gefunden, die zu meinem erstaunen fast den selben Funktionsumfang bietet wie eine native Bildbearbeitungssoftware. Es gibt ein Stempelwerkzeug und Bilder können sogar in mehreren Ebenen angelegt werden, alles in allem sehr überzeugend für eine webbasierte Software.
Dokumente, Präsentationen und Tabellen - Office auf Wolke 7
Dokumente, Präsentationen und Tabellen können in Chrome OS über den Service von Google bzw. GDrive erstellt, bearbeitet und verwaltet werden. Dabei können sogar Microsoft Office Dokumente konvertiert und im Browser über Googles Editor bearbeitet werden. Sogar ein kollaboratives Bearbeiten von Dokumenten durch mehrere Nutzer gleichzeitig ist möglich.
IM und Skype in der Cloud
Weil ich während der Zugfahrt kurz mal nachsehen wollte was meine Skype Kontakte zuhause so treiben, stand ich vor dem Problem, dass es keine native Anwendung für Chrome OS und (noch) keinen Webservice für Skype gibt (großes Danke an Microsoft). Glücklicherweise gibt es den webbasierten Dienst IM+ (vielen noch als iPhone App bekannt) der zahlreiche IM Services wie auch Skype unterstützt. Zwar können keine Anrufe getätigt werden, aber für Textnachrichten funktioniert der Service ohne Probleme.
Spiele und Unterhaltung
Auch Casual Games fehlen auf Chrome OS nicht, und so gibt es auch HTML5 Varianten von Cut the Rope und Angry Birds, die auch unter Chrome OS flüssig laufen und den selben Spielspaß bieten, ideal für einen kurzen Zeitvertreib zwischendruch.
Mein Fazit.
Ich war überrascht, dass ich trotz eines cloud- und webbasierten Betriebsystems in den meisten Anwendungsfällen und im Alltag keine großen Einschränkungen hinnehmen musste. Für den durchschnittlichen Computernutzer bietet Chrome OS alle nötigen Funktionen oder Apps, Poweruser hingegen dürften oft an die Grenze des Möglichen gelangen. Google ist sehr daran interessiert, die Grenze zwischen Webanwendungen im Browser und nativen Apps aufzuheben, deshalb werden hier in Zukunft noch spannende Entwicklungen auf uns zu kommen, davon bin ich überzeugt.
Mehr Infos in der Chrome OS Guided Tour auf YouTube und Reddit
Auch auf Reddit gibt es eine starke Community zum Thema ChromeOS: www.reddit.com/r/chromeos