Mit digitaler Markenführung erfolgreicher im Netz
Die Erfolgsfaktoren im 21. Jahrhundert sind «Menschen und Marken statt Maschinen». Darin waren sich Top-Manager beim Weltwirtschaftsforum in Davos bereits im Jahr 2001 einig.
Heute wird in der Online-Welt eine Content-Revolution ausgerufen. Diese verspricht neue Perspektiven durch Content-Strategie und Content-Marketing. «Content first» ist in aller Munde. Und genau dafür bedarf es einer Strategie. Denn diese ist notwendig – für den Mensch und für die Marke.
«In the 21st century, branding ultimately will be the only unique differentiator between companies. Brand equity is now a key asset.»
– Fortune Magazine
Markenstarke Inhalte werden also zur Königsdisziplin in einer sich immer schneller wandelnden Online-Welt. Wir haben uns dem Thema angenommen und den Director des Digital Brand Lab Prof. Herbst sowie den Doctoral Researcher Thomas Heinrich Musiolik zum Thema digitale Markenbildung befragt. Beide sind zudem Autoren diverser Bücher mit Schwerpunkt Digitale Marke und Storytelling.
Status quo
Prof. Herbst und Musiolik zufolge gehört die digitale Markenführung mittlerweile in vielen Unternehmen zum Tagesgeschäft:
- Marken sind online zumindest mit einer eigenen Website vertreten.
- Immer öfter kaufen Konsumenten in eShops und bestellen per Smartphone.
- In sozialen Netzwerken empfehlen sich Besucher untereinander ihre Lieblingsmarken.
- Das Internet breitet sich weltweit immer weiter aus – zum Beispiel durch technologische Entwicklungen oder Öffnung von Märkten.
- Neue Anwendungen und Endgeräte entstehen – wie Smartphone, Tablet oder Smartwatch.
- Rasant breiten sich Soziale Plattformen aus.
- Website, Facebook, Twitter, YouTube gehören fest zur Markenführung.
«Prognosen zeigen, dass Unternehmen ihre Marketingbudgets noch stärker in digitale Kanäle statt in klassische Kanäle verschieben.», so die Markenexperten.
Herausforderung
«Vielen Markenverantwortlichen ist unklar, welche einzigartigen Beiträge digitale Medien und Technologien für die Markenführung leisten können.» führen die Markenexperten weiter an. Viele Unternehmen sind sich unsicher, wie sie offline und online kommunizieren sollen, wo die Unterschiede und Gemeinsamkeiten sowie Stärken und Schwächen liegen. Diese Ungewissheit kann jedoch teuer werden – gemessen an Markenstärke und Image. Prof. Herbst und Musiolik geben hierfür folgende Beispiele:
- Häufig entsprechen Marken in digitalen Medien nicht dem Markenbild aus der Offline-Welt. Der Kunden ist irritiert.
- Geringe oder keine Interaktion mit dem Kunden, obwohl dies möglich wäre.
- Markenerlebnisse (Digital Brand Experiences) gibt es kaum. Doch sind diese wichtig, um sich von anderen Marken zu unterscheiden und Kunden dauerhaft zu binden.
- Viele Marken scheitern an Kulturunterschieden: Facebook und Twitter sind bei uns verbreitet und beliebt – in anderen Teilen der Welt nicht. Dort wiederum gibt es andere Netzwerke mit anderen Umgangsformen.
- Firmen sind hilflos, wenn sich Nutzer weltweit zusammenschließen und Marken boykottieren. Ein Beispiel: Greenpeace griff Nestlé in sozialen Netzwerken an, um gegen die Zerstörung des Lebensraums von Orang-Utans durch den Anbau von Palmöl-Pflanzen zur KitKat-Produktion zu protestieren.
Diese Herausforderungen können nach den Markenexperten in zwei Verhaltensweisen zusammengefasst werden:
- Anbieter denken zu sehr von der Marke aus: Klassische Werbung wird in digitale Medien übertragen, ohne dessen Besonderheiten zu beachten. Solche Angebote bieten keinen Mehrwert und sind deshalb nicht attraktiv. Sie wiederholen nur das, was alle schon kennen. Jedoch haben sich andere Medien – wie das Fernsehen und das Radio – nur deshalb durchgesetzt, weil sie etwas Neues zu bieten hatten.
- Anbieter denken zu sehr vom Internet aus: Sie reizen die Technik aus, aber die Marke kommt zu kurz. Das vermittelte Markenbild stimmt nicht mit jenem überein, das die Nutzer aus der klassischen Werbung kennen. Beispiel ist die Edeka-Werbung auf YouTube, die zwar unterhaltsam ist, aber nicht zur Marke Edeka passt. Dies schwächt den Markenkern mehr als ihn zu stärken.
Vorgehen
Prof. Herbst und Musiolik fassen die Besonderheiten der digitalen Markenführung in die «Big Four» zusammen: Integration, Verfügbarkeit, Vernetzung, Interaktivität. Diese sollen dabei unterstützen, die Marke bekannter zu machen und ein einzigartiges, attraktives und emotional belohnendes Markenimage aufzubauen. Die «Big Four» werden wie folgt verstanden:
- Integration: Digitale Markenführung zeichnet sich durch hochgradige Integration von Bausteinen aus. Solche Bausteine sind Geräte (Laptop, Mobile, Smartphones etc.), Dienste und Technologien (Mail, Telefonie, Chats etc.) sowie Medienobjekte (Webpage, Blogbeitrag, Tweet, etc.).
- Verfügbarkeit: Marken sind 24/7, weltweit und in unbegrenzter Menge in Echtzeit verfügbar. Ein unbegrenzter Speicher ermöglicht das Erzählen digitaler Markengeschichten in willkürlicher Breite und Tiefe. Material lässt sich beliebig bereitstellen und vom Nutzer downloaden.
- Vernetzung: In digitalen Medien können Informationen miteinander verknüpft werden – egal wo diese sich befinden. Der Nutzer beginnt einen Text zu lesen, zwischendurch schaut er sich ein Foto an, hört gleichzeitig einer Audio-Datei zu und kehrt zum Text zurück. So beschreitet jeder Besucher seinen persönlichen Informationspfad – Springen und Navigieren ist Prinzip.
- Interaktivität: Viele sehen in der Interaktivität den entscheidenden Unterschied in der digitalen Markenführung. Diese erlaubt, das Branding nach individuellen Wünschen zu gestalten. Interaktivität ist entweder
- selektiv, durch Anklicken eines Links, oder
- produktiv, durch die Teilnahme an einer erzählenden Handlung per Dialog oder Gesten.
Ausblick
Prof. Herbst und Musiolik sind vom einzigartigen Beitrag digitaler Medien für die Markenführung überzeugt. Gleichzeitig betonen sie die Gefahr, mit Begriffen wie «Digitale Medien» und «Digitale Technologien», zu sehr die technischen Aspekte in den Vordergrund zu stellen.
Die Experten weißen auch darauf hin, dass digitale Markenführung tiefgreifende Änderungen in Rollen, Kultur und Kommunikation der Beteiligten herbeiführt. Die erfolderlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten sollten Schrittweise aufgebaut werden.
Vielen Dank an Professor Herbst und Thomas Heinrich Musiolik für das Interview.