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Customer Centricity: Der Kunde ist König

Evelyne Berlinger
Evelyne Berlinger Aktualisiert am 17. Aug. 2020
Customer Centricity Evelyne Berlinger

Als Vorarlberger und Menschen, die im Dreiländereck leben, kennen wir in der Regel noch sehr gut die Situation, einzukaufen und persönlich bekannt zu sein. Vielleicht kennt man den Verkäufer noch aus einem Verein, der Schule oder über die Kinder, sodass man vielleicht sogar noch über andere Dinge spricht als über - sagen wir - Brot. Und deshalb ist der Verkäufer an dieser Stelle auch in der Lage, persönlich auf sein Gegenüber einzugehen, freundlich zu sein, eine passende Geschichte zu erzählen oder sogar ein passendes Produkt zu empfehlen. 

Sowas ist schön. Es macht Spaß. Sowohl dem Verkäufer als auch dem Kunden. Auf diese Weise erreicht man die allseits gewünschte Kundenbindung, Kunden kommen immer wieder, werden zu Langzeitkunden und erreichen einen zu neudeutsch hohen „life time value“ (LTV). 

Drei Dinge, damit der Kunde auch digital König ist

Daran sieht man: Kundenzentrierung oder „Customer Centricity“ ist alles andere als neu. Der Kunde ist und war schon lange König. Nur im digitalen Umfeld war das eben bisher kaum möglich, weil man nicht über die technischen Mittel verfügte, im großen Stil gleichzeitig auf mehrere, hunderte, tausende oder gar Millionen von Kunden persönlich einzugehen. 

Heute geht das. Technisch gesehen braucht es dazu vor allem drei Dinge: 

  • Eine gute und schnelle Datenbank. Man muss mehrere Datenquellen in eine Single Source of Truth kombinieren. Entscheidend ist dabei, dass es einen eindeutigen Schlüssel zur Kennung des jeweiligen Kunden gibt. 
  • Darüber hinaus braucht es eine Data Management Plattform (DMP) um Kunden auf den unterschiedlichen Plattformen wieder zu erkennen und in Real-Time auf Ihr Verhalten zu reagieren. 
  • Und damit man auch personalisiert Inhalte ausspielen kann, braucht es eine Software, die kontextabhängig verschiedene Varianten ausspielt. Auf eigenen Plattformen, wie der Website oder Apps ist das eine sogenannte Optimierungslösung wie etwa Visual Website Optimiser (VWO), Optimizely oder Adobe Target, auf externen Plattformen ist es eine Art von Ad Server.

Aber die Technik soll hier nicht im Vordergrund stehen. Viel wichtiger ist mir heute zu betonen, welches Mindset es braucht, um Kundenorientierung zu leben.

A. Customer Centricity ist kein Ziel, sondern eine Strategie.

Don Pepper hat schon vor langer Zeit ein treffendes Schaubild entwickelt. Und das Schaubild sagt im Kern: Ein produktzentriertes Unternehmen fokussiert ein Produkt und wird versuchen dieses Produkt an möglichst viele Kunden zu verkaufen. Ein kundenzentriertes Unternehmen hingegen, fokussiert einen Kunden und wird versuchen, diesem einen Kunden möglichst viele Produkte zu verkaufen. 

Das sind zwei völlig verschiedene Ansätze und man muss für sich entscheiden, welchen man wählen will. Den ersten - das Unternehmen „wirft“ dem Kunden ein Produkt hin und ist wieder weg - oder eben den zweiten - das Unternehmen bleibt so lange am Kunden dran, bis der Kunde tatsächlich die Lösung hat, die der Kunde braucht. (siehe Abschnitt C).

B. Customer Empowerment

Vor der Zeit der neuen Medien hatten Unternehmen in der Regel die Kontrolle über das Bild Ihrer Produkte und Services, das sich ausserhalb es Unternehmens verbreitete. Heute sind Kunden gut informiert, wissen schon bevor sie überhaupt zum Unternehmen kommen Bescheid und haben nur noch letzte Fragen. Und viel wichtiger: Sie sind Influencer. Hat der Käufer ein gutes Einkaufserlebnis, dann wird er das Unternehmen weiterempfehlen. Der Kunde ist inzwischen aber mehr als nur Käufer. Er kann Einfluss nehmen auf Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens. Und damit hat er ziemlich große Macht.

C. Das Unternehmen als Solution Provider

Das Hauptziel von Customer Centricity ist es, den Kauf von Produkten als positives Erlebnis zu gestalten und dem Kunden dadurch ein gutes Gefühl zu vermitteln. Kunden kaufen heute nicht nur ein Produkt, sie entscheiden sich für ein Erlebnis. Kundenorientierte Unternehmen denken deshalb idealerweise als Lösungsanbieter. Diese Unternehmen „werfen“ nicht nur ein Produkt vor den Kunden hin und sind dann wieder weg, sondern sind erst dann zufrieden, wenn der Kunde das hat, was er braucht. Als Richtschnur für den richtigen Weg ist es zentral, sich immer wieder auf die Kundenbedürfnisse zu fokussieren. Was motiviert Kunden? Was frustriert Kunden? Was würden Kunden wirklich nutzen?

Interessant fand ich dabei den Ansatz von Alan Mitchell: Wir sind alle frustriert, wenn wir nicht wissen, was wir tun sollen. Kunden wollen in der Lage sein, bessere Entscheidungen zu treffen, diese Entscheidungen umzusetzen und zu wissen, welche Werkzeuge man dafür braucht. Das heißt, jedes Unternehmen muss irgendeines dieser Bedürfnisse des Kunden befriedigen:

  • „Ich weiss nicht, was zu tun ist“: nicht zu wissen, welcher der richtige nächste Schritt ist, kann große Ängste hervorrufen. Also jeder, der mit einem Service Kunden hilft, bessere Entscheidungen zu treffen, hilft ihm, sich sicherer zu fühlen – und das ist ein sehr großer Mehrwert. 
  • „Ich weiss nicht, wie ich das tun soll.“ Das birgt ein Gefühl von Frustration und Unvermögen. Jeder der in der Lage ist, einen vertrauenswürdigen Rat oder Service zu bieten ist also von großem Mehrwert.
  • „Ich weiss was zu tun ist und auch wie, aber ich verfüge nicht über die notwendigen Mittel.“ Diese Situation kann äußerst frustrierend sein. Daher ist es ein realer Mehrwert, andere Menschen mit Werkzeugen, Infrastruktur oder Mechanismen auszustatten.
Kunden wollen sich wohlfühlen, direkt angesprochen werden und das Unternehmen als vertrauens- und glaubwürdig wahrnehmen. Ist es möglich die Produkte und Produktpakete direkt auf sie zuzuschneiden, können Kundenbedürfnisse besser bedient werden. Die Erfahrungen, die Kunden mit einem Unternehmen machen, bestimmen auch maßgeblich deren späteres Kaufverhalten. Und deshalb ist Customer Centricity lohnenswert: Bekanntlich ist es wesentlich günstiger, einen Stammkunden zu halten als einen Neukunden zu generieren. Deshalb geht es bei der Customer Centricity nicht nur um Erstkäufe, sondern maßgeblich um langfristige Kundenbeziehungen, die möglicherweise ein ganzes Kundenleben andauern.

Bedeutung für digitales Marketing

Durch Einführung des Ansatzes der Customer Centricity ändert ein Unternehmen sein Grundkonzept, das sich auf Online-Aktivitäten ebenso auswirkt wie auf andere Marketingbereiche. Im besten Fall verändert sich sogar die Unternehmenskultur als Ganzes. Maßgeblich für erfolgreiches customer-centric und digitales Marketing sind folgende Themen:

  • Personas: Kunden als Menschen mit Ihren Bedürfnissen ansprechen. User sind schlau und erkennen meistens ziemlich schnell, wann sie Einheitsbrei präsentiert bekommen.  
  • Cross-Channel: Den Kunden da ansprechen, wo er sich befindet und zwar mit den Themen, die ihm dann tatsächlich weiterhelfen. Mobil hat ein User andere Bedürfnisse als am Desktop, unterwegs andere als zuhause. Helfen Sie Ihren Kunden schneller zu ihrem jeweiligen Ziel zu kommen und schaffen Sie Mehrwerte. 
  • Analytics: Nicht nur nach bestem Wissen und Gewissen vorgehen, sondern die Zahlen aus der Analyse zu Rate ziehen. Meist verhalten sich Kunden doch anders als man ursprünglich gedacht hat und dieses dann optimieren.
  • Smart Content: Die Optimierung unterstützt in der Regel, kurzfristige Uplift-Ziele zu erfüllen. Parallel dazu darf man aber die langfristigen Ziele nicht außer Acht lassen, nämlich Kunden in Langzeitkunden zu wandeln. Das schafft man nur mit gutem, sinnvollem Content, so dass diese Kunden auch „Botschafter“ der eigenen Brand werden können.
  • CRM: Ein CRM System hilft, alle notwendigen Informationen aus dem Unternehmen aus den verschiedenen Abteilungen zusammenzuziehen. Wichtig dabei ist, das CRM nicht zu überladen, sondern einfach zu halten bis der ganz einfache Nutzen im Unternehmen etabliert ist. Erst danach kann man es Schritt für Schritt erweitern.

Nutzen

Customer Centricity ist nicht trivial und es geht nicht von einem Tag auf den anderen. Aber es wird helfen, eine stabilere Kundenbindung aufzubauen und damit den lebenslangen Umsatz mit dem Kunden zu steigern (Life Time Value, LTV). Unternehmen, die konsequent eine Customer Centricity verfolgen, berichten von weitaus höheren Performance-Werten im Vergleich zu herkömmlichen Marketing-Aktionen. Leider schätzen viele Unternehmen Customer Centricity als zu kompliziert ein und denken “one size fits all“ sei völlig ausreichend. Raus kommt ein Einheitsbrei, der leider nicht für jeden gleichermaßen relevant ist. Und sicher ist: dieser Weg bindet immer noch weniger Ressourcen als Neukunden mit den immer gleichen Methoden zu gewinnen. Lasst uns die Heterogenität der Kunden feiern und mit ihr spielen. Wir helfen Ihnen gerne.

Evelyne Berlinger
Evelyne Berlinger
Digital Marketing Strategist