3 Fragen an Design4All-Auditor Wolfgang Gliebe
Wolfgang Gliebe arbeitet bereits seit vielen Jahren mit der Quality Austria und hat sich auf das Auditieren und Zertifizieren von integrierten Managementsystemen spezialisiert.
Ist Barrierefreiheit in den Unternehmenszielen von Firmen bereits fest verankert oder gibt es Aufholbedarf?
Wenn ich mir die letzten 1,5 Jahre in Erinnerung rufe, dann kann ich feststellen, dass sich eine Vielzahl von Unternehmen bedingt durch COVID19 dem Thema Digitalisierung angenommen haben. Es ist mir niemand bekannt, der sich nicht mit Zoom, Webex, Google Meet, MS Teams etc. beschäftigen musste. Und zu Beginn war häufig eine Überforderung der Menschen mit diesen Werkzeugen klar erkennbar – wie funktioniert dies? Wo finde ich was? Wo bin ich jetzt? Dabei haben die meisten der Anwender keine erkennbare körperliche oder geistige Beeinträchtigung. Allerdings kann man in solchen Situationen gut nachvollziehen, wie es erst Menschen mit Beeinträchtigungen gehen muss.
Um auf die Frage zurückzukommen – nein, mir fällt weder in meiner beraterischen noch in meiner Auditoren-Tätigkeit auf, dass das Thema Barrierefreiheit (abgesehen von baulicher Barrierefreiheit natürlich) im digitalen Kontext bei Organisationen spürbar angekommen ist. Hier ist offensichtlich noch ein grosser Aufklärungsbedarf gegeben.
Wie ist die Zusammenarbeit / Kooperation zwischen den Auditoren, Quality Austria und MASSIVE ART zustande gekommen?
Warum beschäftige ich mich mit diesem Thema? Dies hat zwei wesentliche Auslöser:
- Ich darf seit mehreren Jahren Organisationen coachen, die sich in ihrem Hauptzweck mit Menschen mit vor allem psychischen Beeinträchtigungen beschäftigen und hier diverse Dienstleistungsangebote von Tagesbetreuung bis betreutem Wohnen anbieten. Und ich bin immer wieder tief beeindruckt von diesen Menschen, ihrem Engagement und ihrer spürbaren Motivation – vor allem den Bestrebungen hinsichtlich Inklusion.
- Bei einem netten Grillabend mit guten Freunden (die auch im Kernteam „Design4All“ dabei sind) habe ich die Geschichte eines Menschen gehört, der während seines Studiums erblindet ist und damit erkennen musste, dass der Zugang zu Bildung mit dieser Beeinträchtigung beinahe nicht mehr möglich ist. Aus einer kreativen Spinnerei ist dann die Idee geboren und schlussendlich auch umgesetzt worden, Barrierefreiheit im IT-Umfeld als ein Zertifizierungsprodukt zu platzieren.
Um einer solchen Idee mehr Leben einzuhauchen, bedarf es, die richtigen Menschen dafür zu gewinnen. Und bei der Suche nach technisch kompetenten, innovativen Menschen ist mir gleich MASSIVE ART in den Sinn gekommen. Und dort ist dann auch der Funke der Begeisterung für diese Idee übergesprungen und wir konnten tolle, motivierte und hochkompetente Menschen dafür gewinnen.
Mit Quality Austria haben wir zusätzlich einen Partner, der einerseits zum Thema Zertifizierung seit vielen vielen Jahren am Markt führend etabliert ist. Zudem ist Quality Austria innovativen Ideen gegenüber immer sehr aufgeschlossen und über die Innovations-Verantwortliche Dr. Anni Koubek haben wir eine tolle Unterstützung.
Wie sieht die perfekte "Design4all"-Welt im Business-Kontext für dich aus?
„Design4all“ zielt nicht ausschließlich auf Menschen mit Behinderungen ab, sondern es ermöglicht Organisationen, auch die Zielgruppen besser zu erreichen, die digital ungeübt sind.
Eine ideale Welt bedeutet für mich, dass Inklusion auch in der digitalen Welt als Selbstverständnis gelebt wird. Inklusion zielt darauf ab, dass alle Menschen in einer Gesellschaft gleichberechtigt nebeneinander leben, und ist ein Menschenrecht und als solches in der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen geregelt.